FVS ROS 309”Bernhard Kellermann”
Erlebnisse 11
Lehrzeit Michael Meffert Lehrzeit Michael Meffert
Lehrzeit von Michael Meffert
1. Lehrjahr September 1963 wurde ich Hochseefischerlehrling im FischkombinatRostock - Marienehe. Teils war es Abenteuerlust, ich habe viel über Seefahrt gelesen, teils wollte ich einfach von zu Hause weg. Meine Lehre trat ich nicht pünktlich an, sondern 2 bis 3 Wochen später, da ichin meinen letzten Schulferien einen Arbeitsunfall als Beifahrer auf einem Mähdrescher hatte. Die Lehrzeit betrug 2 Jahre. Das erste Jahr Berufsausbildung an Land und im Anschluß der Teil Ausbildung auf dem Schiff. Das erste Jahr war geteilt in eine Woche Berufsschulunterricht und eine Woche Praxis im Fischkombinat. Das immer im Wechsel. In der Berufsschule gab es Unterricht in normalen Grundfächern, sowie seemännisches Grundwissen. Das beste, woran ich mich erinnere, war die große Pause gegen 10 Uhr. Da mußte der Backschafter vom Dienst losziehen und aus der Küche einen Korb voll prima schmeckenden, belegten Brötchen holen. In den Praxiswochen wurden uns alle Fertigkeiten beigebracht, welche man dann für das Bordleben brauchte; Netzboden, Spleißerei oder Lehrgänge wie Rettungsbootsmann, Feuerlöschmann. Sämtliche Klassen bestanden aus 20 Lehrlingen, geteilt in 2 Aktive mit je 10 Mann. 10 Mann waren wichtig, denn jedem Aktiv wurde ein K 10 zugeteilt. Mit dem sind wir auf der Warnow zum Üben unterwegs gewesen. Genau bis zum großen Preis der Warnow. Nach diesem Rennen gab es für den K 10 Takelung. Später konnten wir dann immer mal auf der Warnow, dem Breitling oder in der Warnemünder Bucht segeln. Die Freizeit,fern von Zuhause , ist eine völlig neue Erfahrung gewesen. Wir waren ein zusammengewürfelter Haufen aus der ganzen DDR. Meine Klasse bestand ausJungen, welche größtenteils aus der Dresdener Ecke bis hin zu Lausitz kamen. Zunächst wurde die Umgebung erkundet. Ich erinnere mich an die ersten Fahrten mit dem Doppelstockbus nach Warnemünde. Endlich das Meer sehen! Noch keine drei Wochen im Heim, da sind viele von uns der Ansicht gewesen; es ist nur ein echter Seemann, wer auch tätowiert ist. Also machten wir uns an die Arbeit. Zwei, drei Jungens haben schon mal gehört, wie es ungefähr geht. Zunächst besorgten wir uns schwarze chinesische Ausziehtusche, wie man sie für technisches Zeichnen benötigt. Dann wurden 3 Nähnadeln zusammengebunden, die Umrisse des gewünschten Motivs auf die entsprechende Hautstelle gezeichnet, die Haut irgendwie gestrafft und dann tunken, stechen; tunken stechen usw. Nach dieser Prozedur fühlte man sich als richtiger " Seemann ". Im Wohnheim gab es viele Möglichkeiten sich zu beschäftigen. Tischtennis, Bibliothek usw. An den Wochenenden war man unterwegs. In Rostock existierten damals eine große Anzahl Jugendclubs. Fast jeder Ortsteil hatte einen. In den meisten konnte getanzt werden. Die Bildung kleiner Beatgruppen war damals an der Tagesordnung. Also sehr interessant. Wenn das Wetter und die Zeit es erlaubten, ging es zum Segeln. Ich erinnere mich an ein Vorkommnis, wo es richtig hätte schiefgehen können. Nach der Arbeit wollten wir noch ein bischen auf der Warnow segeln. Der Wind war ganz ordentlich. Auf dem Wasser lief es prima. Ganz plötzlich frischte der Wind auf, außerdem dämmerte es schon. Der Wind wuchs ganz plötzlich zu einem Sturm, schätzungsweise eine gute Neun. Unser Standort befand sich etwa in Höhe Stadthafen Rostock. Jetzt aber flugs zurück dachten wir uns und hatten nun, quer zum Wind segelnd,ziemliche Geschwindigkeit zu unseren Liegeplatz beim Fischereihafen. Jetzt kam aber der Sturm genau aus Richtung Anlegestelle. Wir fassten den Beschluss - mit Karacho Richtung Hafenbecken, dann kurz davor schnell Segel einholen und mit einem Paar Riemen das letzte Stück zu unserer Anlegestelle pullen. Das hat überhaupt nicht geklappt. Der Sturm drückte uns auf die Warnow zurück. Mittlerweile war es schon stockdunkel und wir versuchten immer wieder das selbe Spiel. Warnow hoch und runter mit affenartiger Geschwindigkeit und alles war erfolglos.Da wir schon lange an Land sein wollten, ist nicht mal Beleuchtung an Bord gewesen. Nach Stunden erinnerten wir uns, dass auf dem anderen Warnowufer in Gelsdorf eine kleine Werft war, wo Logger repariert wurden. Irgendwie schafften wir es in der Dunkelheit bis dahin und machten das Boot an der Kaimauer fest. Durchfroren und pitschnass fuhren wir dann mit der Straßenbahn Richtung Heimat. Am nächsten Tag holten wir das Boot zurück. Es war zwar voll Wasser, aber da wir es gut vertäut hatten, konnten wir es leer schöpfen und zurück zu unseren Liegeplatz rudern. Im Wohnheim war jedes Zimmer mit vier Mann belegt; jeweils 2 Doppelstockbetten. Seitens der Heimleitung wurde jedes Wochenende die Sauberkeit der Zimmer überprüft. Es gab da ein Punktesystem, nach dem es zu einer Auswertung kam. Ich glaube, unsere Bude hatte nur ein einziges Mal die höchste Punktzahl erreicht. Dafür fielen wir des öfteren unangenehm auf. Mein Kumpel hatte die glorreiche Idee; wenn man ein Streichholz ganz abbrennen läßt, das dicke Ende mit Spucke befeuchtet und dann nach oben schleudert müßte es eigentlich gut an der Decke kleben bleiben. Das funktionierte prima! Nach einer Weile sah unsere Decke aus wie ein Igel mit schwarzen Stacheln. Dummerweisewar aber die Sauberkeitskontrolle im Anmarsch....... Den Rest kann man sich denken. Ein anderes mal, wir hatten gerade für die Praxis unsere Netzmesser in Empfanggenommen, wollten wir sehen, ob diese, wenn man sie in Richtung Schrank wirft, auch stecken bleiben. Es ist schon zu einer gewissen Meisterschaft gekommen - nur der Schrank sah dann aus. Das Ergebnis konnten wir leider nicht vertuschen. Wir wurden " lobend " beim Appell erwähnt, mußten außerdem den Schaden ersetzen und wurden zu Strafarbeiten verdonnert. Ich zum Beispiel sollte , wenn Öffnungszeit war, in der Wohnheimbibliothek aushelfen. Was die Verdonnerer aber nicht wußten, ich war eigentlich eine Leseratte und sie hätten mir keinen größeren Gefallen tun können. In der Berufsschule, die sich in einem Seitenflügel des Wohnheimes befand,wurde der theoretische Unterricht durchgeführt. Unser Klassenlehrer war ein Herr Roscher, seines Zeichens Deutsch- und Russischlehrer. Herr Roscher ist ziemlich kräftig gewesen. Wir haben mal beobachtet, daß er sein Motorrad eine Treppe hochgetragen hat. Ich hatte schon erwähnt, daß es damals viele Jugendklubs gab. In einem lernte ich ein Mädchen kennen. Wir kamen uns näher und irgendwann erzählte sie mir, daß ihr Vater Deutschlehrer ist und in der BBS des Fiko arbeitet. Nun hatte ich aber leider nicht den besten Stand bei meinem Klassenlehrer und war demzufolge so geschockt, daß ich mich in diesem Klub nicht mehr sehen ließ. Irgendwie muß aber Papa Roscher Lunte gerochen haben. Seit diesem Zeitpunkt habe ich es bei diesem so richtig verkackt. Sicher habe ich im ersten Lehrjahr noch vielmehr erlebt aber die beschriebenen Ereignisse sind mir gut in Erinnerung geblieben. 1. Lehrjahr - Glatzköpfe Am 2.8.1964 trat ich auf ROS 215 Eisleben meinen Dienst als Lehrling an. Tagsüber wurde der Dampfer ausgerüstet und wir sollten am nächsten Morgen auslaufen. Einige Matrosen - es können so um die zehn gewesen sein - haben sich nach der Arbeit gegenseitig Glatze geschnitten. Danach ging es , wie es am Abend vor dem Auslaufen üblich war, traditionell zum"Immendieck". Am nächsten Morgen erfuhren wir ,dass wir einen Überliegetag haben. Die Lords freuten sich schon auf den nächsten Abend im " Immendieck". Irgendwie uferte das Ganze aus und die Truppe machte sich auf denWeg Richtung Rostock Innenstadt. Dazu muss man wissen - in dieser Zeit lief in den Kinos der DEFA-Film " Die Glatzkopfbande " . Es wurde berichtet, dass einige Rostocker Bürger beim Anblick der vielen Glatzköpfe die Sraßenseite wechselten. Der Abend muss ziemlich schlimm geendet haben, denn am nächsten Morgen fehlten noch einige Besatzungsmitglieder vor dem Auslaufen. Die Fangleitung hatte gut zu tun um in Rostock bekannte Institutionen anzurufen,ob dort noch irgendwelche Glatzköpfe vorhanden sind. Zum Schluss ist aber doch gut gegangen und mit ein bisschen Mit Verspätung schipperte die " Eisleben " Richtung Fangplatz. 1. Lehrjahr. - Seekrank. - Meine erste Reise als Hochseefischerlehrling begann Anfang August 1964auf ROS 215 " Eisleben " unter Kapitän Volkers. Die Reise ging zu den Fanggründen an der Westküste Grönlands. Schon auf der Warnow war ziemlich starker Wind. Auf der Ostsee gab es dann ungefähr Windstärke 9. Leider wurde es auf der gesamten Überfahrt nicht besser. Nach ca. einer Stunde auf der Ostsee wurde mir sehr übel und ich opferte Neptun das erste Mal. Das sollte weitergehen und zwar bis zum Fangplatz. Während der Reise wurde man zwar ganz schön beschäftigt, um die Übelkeit zu vergessen; hat mir aber bis zum Ziel nicht sehr geholfen. Dort gab sich die Seekrankheit und trat nie wieder auf. Die ständige Übelkeit führte zu einem Ereignis, welches für mich nicht geradeberauschend war, andere aber belustigte. Währen der Mittagszeit begab ich mich zur Messe, um den Versuch zu machen,etwas runterzuwürgen. Ich stocherte also ziemlich lustlos im Essen rum. Einige Matrosen und der Bestmann waren auch anwesend. Nach einer Weile sagte der Bestmann - wat iss, hast du keinen Hunger ? Ich antwortete ihm, daß ich wegen der Schaukelei nichts runterbekomme. Na dann mußt du eben mal das Schlackerventil aufdrehen. Schlackerventil, was ist denn das sagte ich. Er erklärte mir; im Schiffsrumpf sind Röhren verbaut und wenn du das Schlackerventil aufdrehst, füllen diese sich mit Wasser, das Schiff wird unten schwerer und die Schaukelei ist dann nicht mehr ganz so schlimm. Wenn es einem so schlecht geht wie mir, greift man zu jedem Strohhalmund glaubt alles, zumal wenn es richtig überzeugend rübergebracht wird. Ich fragte, wo ist denn das Schlackerventil? Der Bestmann sagte mir - du weißt doch, wo der Koch seine Kartoffellast hat. Geh zu Koch, lass dir den Schlüssel für die Kartoffellast geben, dann drehst du das Schlackerventil auf und du wirst sehen, es geht dir gleich besser. Ich zum Koch- schönen Gruß vom Bestmann und ich brauche den Schlüssel für die Kartoffellast. Warum denn das fragte der Koch. Ich soll da das Schlackerventil aufdrehen. Ach so, sagte der Koch, na dann und gab mir den Schlüssel. Also auf zur Kartoffellast, um das Ventil zu öffnen. In der Kartoffellast waren zwar Kartoffeln ohne Ende, aber kein Schlackerventil. Ich wieder hoch in die Messe. Und, hast du das Ventil geöffnet? Nee, da waren Kartoffeln, aber kein Schlackerventil. Der Bestmann wurde jetzt richtig laut. Der Koch, dieser verdammte Feldschmied, hat der doch wieder seine verdammten Knollen auf das Ventil geschmissen, mußt du wegräumen. Ich also wieder runter in die Kartoffellast und als ich vor den Knollen stand und gerade anfangen wollte diese wegzuräumen, war der Gang draußen gefüllt mit einigen Lords, die sich alle freuten-nur ich mich nicht. 1. Lehrjahr , ROS 215 " Eisleben " An meine Zeit auf der Eisleben habe ich viele Erinnerungen. Hier ein paar davon: Wir hatten einen Decksmann der nicht die allerhellste Kerze auf auf der Torte war. Zuvor muß man erwähnen, dass Kapitän Volkers immer tagsüber auf der Brücke war und Nachts in seiner Kabine schlief. Vom Charakter her ist er ganz schön cholerisch gewesen. Wir hatten die Schicht von 24 Uhr bis 12 Uhr. Es war beim zweiten Hol, gerade beim losschlagen, da kam dem Bestmann eine Idee. Er holte sich den Decksmann und sagte zu ihm : Pass mal auf. Wir müssen ja nicht alle an Deck sein und können uns im Trockenraum aufhalten, weil das Hieven eine gute halbe Stunde dauert. Alle 50 Meter ist die Kurrleine gemarkt.Du schnappst dir einen Mocker, stellst dich ans Schanzkleid und haust bei jeder Marke mit dem Hammer volle Kraft auf die Bordwand. Das hören wir im Trockenraum, zählen mit und sind dann rechtzeitig an Deck. So geschah es. Wir waren schon voller Erwartung, was nun kommt. Kapitän Volkers hatte einen guten Schlaf - solange auf dem Dampfer alle Geräusche normal waren. Na ja, der Decksmann hat vielleicht zwei mal zugehauen und denMocker gerade wieder zum erneuten Schlag erhoben, als der Alte im Nachtzeug an Deck sprang, den armen Kerl sah, fürchterlich brüllte und ansetzte, ihm in den Hintern zu treten. Das Bild bleibt in Erinnerung -der flüchtende Decksmann,der Alte hinterher und das bei tüchtigem Schneetreiben. Bei einer anderen Geschichte hatte ich die A....karte. Aus einer Laune herauskaufte ich mir in Rostock eine Schiedsrichterpfeife, so ein metallenes Ding. Als wir dann auf einer Reise am Fangplatz waren, hatten wir bei einem Hol einen Hacker. Das heißt, Netz hieven ,Steert entleeren, das kaputte Netz abschlagen und ein neues Netz aussetzen. Dann das kaputte Netz instand setzen. Bei den Reperaturarbeiten ist mir irgendwie die Pfeifeaus den Klamotten gefallen. Der Bestmann sah das und sagte zu mir: zeig mal her, das ist ja ein prima Teil. Pass auf ! Du gehst jetzt mal zum Alten auf die Brücke und sagst zu ihm, wenn der Bestmann auf der der Pfeife pfeift sind das die letzten fünfzig Meter. Ich hoch auf die Brücke und sagte auftragsgemäß zum Kapitän: schönen Gruß vom Bestmann und wenn der pfeift sind das die letzten fünfzig Meter! Der Käpten verfärbte sich augenblicklich knallrot, sprang auf und brüllte mich an; ja bin ich denn ein Hund, nach dem man pfeifen muss ! Dann hatte ich Mühe ganz ganz schnell den Niedergang runterzuflüchten und war wieder der gelackmeierte.
1. Lehrjahr September 1963 wurde ich Hochseefischerlehrling im FischkombinatRostock - Marienehe. Teils war es Abenteuerlust, ich habe viel über Seefahrt gelesen, teils wollte ich einfach von zu Hause weg. Meine Lehre trat ich nicht pünktlich an, sondern 2 bis 3 Wochen später, da ichin meinen letzten Schulferien einen Arbeitsunfall als Beifahrer auf einem Mähdrescher hatte. Die Lehrzeit betrug 2 Jahre. Das erste Jahr Berufsausbildung an Land und im Anschluß der Teil Ausbildung auf dem Schiff. Das erste Jahr war geteilt in eine Woche Berufsschulunterricht und eine Woche Praxis im Fischkombinat. Das immer im Wechsel. In der Berufsschule gab es Unterricht in normalen Grundfächern, sowie seemännisches Grundwissen. Das beste, woran ich mich erinnere, war die große Pause gegen 10 Uhr. Da mußte der Backschafter vom Dienst losziehen und aus der Küche einen Korb voll prima schmeckenden, belegten Brötchen holen. In den Praxiswochen wurden uns alle Fertigkeiten beigebracht, welche man dann für das Bordleben brauchte; Netzboden, Spleißerei oder Lehrgänge wie Rettungsbootsmann, Feuerlöschmann. Sämtliche Klassen bestanden aus 20 Lehrlingen, geteilt in 2 Aktive mit je 10 Mann. 10 Mann waren wichtig, denn jedem Aktiv wurde ein K 10 zugeteilt. Mit dem sind wir auf der Warnow zum Üben unterwegs gewesen. Genau bis zum großen Preis der Warnow. Nach diesem Rennen gab es für den K 10 Takelung. Später konnten wir dann immer mal auf der Warnow, dem Breitling oder in der Warnemünder Bucht segeln. Die Freizeit,fern von Zuhause , ist eine völlig neue Erfahrung gewesen. Wir waren ein zusammengewürfelter Haufen aus der ganzen DDR. Meine Klasse bestand ausJungen, welche größtenteils aus der Dresdener Ecke bis hin zu Lausitz kamen. Zunächst wurde die Umgebung erkundet. Ich erinnere mich an die ersten Fahrten mit dem Doppelstockbus nach Warnemünde. Endlich das Meer sehen! Noch keine drei Wochen im Heim, da sind viele von uns der Ansicht gewesen; es ist nur ein echter Seemann, wer auch tätowiert ist. Also machten wir uns an die Arbeit. Zwei, drei Jungens haben schon mal gehört, wie es ungefähr geht. Zunächst besorgten wir uns schwarze chinesische Ausziehtusche, wie man sie für technisches Zeichnen benötigt. Dann wurden 3 Nähnadeln zusammengebunden, die Umrisse des gewünschten Motivs auf die entsprechende Hautstelle gezeichnet, die Haut irgendwie gestrafft und dann tunken, stechen; tunken stechen usw. Nach dieser Prozedur fühlte man sich als richtiger " Seemann ". Im Wohnheim gab es viele Möglichkeiten sich zu beschäftigen. Tischtennis, Bibliothek usw. An den Wochenenden war man unterwegs. In Rostock existierten damals eine große Anzahl Jugendclubs. Fast jeder Ortsteil hatte einen. In den meisten konnte getanzt werden. Die Bildung kleiner Beatgruppen war damals an der Tagesordnung. Also sehr interessant. Wenn das Wetter und die Zeit es erlaubten, ging es zum Segeln. Ich erinnere mich an ein Vorkommnis, wo es richtig hätte schiefgehen können. Nach der Arbeit wollten wir noch ein bischen auf der Warnow segeln. Der Wind war ganz ordentlich. Auf dem Wasser lief es prima. Ganz plötzlich frischte der Wind auf, außerdem dämmerte es schon. Der Wind wuchs ganz plötzlich zu einem Sturm, schätzungsweise eine gute Neun. Unser Standort befand sich etwa in Höhe Stadthafen Rostock. Jetzt aber flugs zurück dachten wir uns und hatten nun, quer zum Wind segelnd,ziemliche Geschwindigkeit zu unseren Liegeplatz beim Fischereihafen. Jetzt kam aber der Sturm genau aus Richtung Anlegestelle. Wir fassten den Beschluss - mit Karacho Richtung Hafenbecken, dann kurz davor schnell Segel einholen und mit einem Paar Riemen das letzte Stück zu unserer Anlegestelle pullen. Das hat überhaupt nicht geklappt. Der Sturm drückte uns auf die Warnow zurück. Mittlerweile war es schon stockdunkel und wir versuchten immer wieder das selbe Spiel. Warnow hoch und runter mit affenartiger Geschwindigkeit und alles war erfolglos.Da wir schon lange an Land sein wollten, ist nicht mal Beleuchtung an Bord gewesen. Nach Stunden erinnerten wir uns, dass auf dem anderen Warnowufer in Gelsdorf eine kleine Werft war, wo Logger repariert wurden. Irgendwie schafften wir es in der Dunkelheit bis dahin und machten das Boot an der Kaimauer fest. Durchfroren und pitschnass fuhren wir dann mit der Straßenbahn Richtung Heimat. Am nächsten Tag holten wir das Boot zurück. Es war zwar voll Wasser, aber da wir es gut vertäut hatten, konnten wir es leer schöpfen und zurück zu unseren Liegeplatz rudern. Im Wohnheim war jedes Zimmer mit vier Mann belegt; jeweils 2 Doppelstockbetten. Seitens der Heimleitung wurde jedes Wochenende die Sauberkeit der Zimmer überprüft. Es gab da ein Punktesystem, nach dem es zu einer Auswertung kam. Ich glaube, unsere Bude hatte nur ein einziges Mal die höchste Punktzahl erreicht. Dafür fielen wir des öfteren unangenehm auf. Mein Kumpel hatte die glorreiche Idee; wenn man ein Streichholz ganz abbrennen läßt, das dicke Ende mit Spucke befeuchtet und dann nach oben schleudert müßte es eigentlich gut an der Decke kleben bleiben. Das funktionierte prima! Nach einer Weile sah unsere Decke aus wie ein Igel mit schwarzen Stacheln. Dummerweisewar aber die Sauberkeitskontrolle im Anmarsch....... Den Rest kann man sich denken. Ein anderes mal, wir hatten gerade für die Praxis unsere Netzmesser in Empfanggenommen, wollten wir sehen, ob diese, wenn man sie in Richtung Schrank wirft, auch stecken bleiben. Es ist schon zu einer gewissen Meisterschaft gekommen - nur der Schrank sah dann aus. Das Ergebnis konnten wir leider nicht vertuschen. Wir wurden " lobend " beim Appell erwähnt, mußten außerdem den Schaden ersetzen und wurden zu Strafarbeiten verdonnert. Ich zum Beispiel sollte , wenn Öffnungszeit war, in der Wohnheimbibliothek aushelfen. Was die Verdonnerer aber nicht wußten, ich war eigentlich eine Leseratte und sie hätten mir keinen größeren Gefallen tun können. In der Berufsschule, die sich in einem Seitenflügel des Wohnheimes befand,wurde der theoretische Unterricht durchgeführt. Unser Klassenlehrer war ein Herr Roscher, seines Zeichens Deutsch- und Russischlehrer. Herr Roscher ist ziemlich kräftig gewesen. Wir haben mal beobachtet, daß er sein Motorrad eine Treppe hochgetragen hat. Ich hatte schon erwähnt, daß es damals viele Jugendklubs gab. In einem lernte ich ein Mädchen kennen. Wir kamen uns näher und irgendwann erzählte sie mir, daß ihr Vater Deutschlehrer ist und in der BBS des Fiko arbeitet. Nun hatte ich aber leider nicht den besten Stand bei meinem Klassenlehrer und war demzufolge so geschockt, daß ich mich in diesem Klub nicht mehr sehen ließ. Irgendwie muß aber Papa Roscher Lunte gerochen haben. Seit diesem Zeitpunkt habe ich es bei diesem so richtig verkackt. Sicher habe ich im ersten Lehrjahr noch vielmehr erlebt aber die beschriebenen Ereignisse sind mir gut in Erinnerung geblieben. 1. Lehrjahr - Glatzköpfe Am 2.8.1964 trat ich auf ROS 215 Eisleben meinen Dienst als Lehrling an. Tagsüber wurde der Dampfer ausgerüstet und wir sollten am nächsten Morgen auslaufen. Einige Matrosen - es können so um die zehn gewesen sein - haben sich nach der Arbeit gegenseitig Glatze geschnitten. Danach ging es , wie es am Abend vor dem Auslaufen üblich war, traditionell zum"Immendieck". Am nächsten Morgen erfuhren wir ,dass wir einen Überliegetag haben. Die Lords freuten sich schon auf den nächsten Abend im " Immendieck". Irgendwie uferte das Ganze aus und die Truppe machte sich auf denWeg Richtung Rostock Innenstadt. Dazu muss man wissen - in dieser Zeit lief in den Kinos der DEFA-Film " Die Glatzkopfbande " . Es wurde berichtet, dass einige Rostocker Bürger beim Anblick der vielen Glatzköpfe die Sraßenseite wechselten. Der Abend muss ziemlich schlimm geendet haben, denn am nächsten Morgen fehlten noch einige Besatzungsmitglieder vor dem Auslaufen. Die Fangleitung hatte gut zu tun um in Rostock bekannte Institutionen anzurufen,ob dort noch irgendwelche Glatzköpfe vorhanden sind. Zum Schluss ist aber doch gut gegangen und mit ein bisschen Mit Verspätung schipperte die " Eisleben " Richtung Fangplatz. 1. Lehrjahr. - Seekrank. - Meine erste Reise als Hochseefischerlehrling begann Anfang August 1964auf ROS 215 " Eisleben " unter Kapitän Volkers. Die Reise ging zu den Fanggründen an der Westküste Grönlands. Schon auf der Warnow war ziemlich starker Wind. Auf der Ostsee gab es dann ungefähr Windstärke 9. Leider wurde es auf der gesamten Überfahrt nicht besser. Nach ca. einer Stunde auf der Ostsee wurde mir sehr übel und ich opferte Neptun das erste Mal. Das sollte weitergehen und zwar bis zum Fangplatz. Während der Reise wurde man zwar ganz schön beschäftigt, um die Übelkeit zu vergessen; hat mir aber bis zum Ziel nicht sehr geholfen. Dort gab sich die Seekrankheit und trat nie wieder auf. Die ständige Übelkeit führte zu einem Ereignis, welches für mich nicht geradeberauschend war, andere aber belustigte. Währen der Mittagszeit begab ich mich zur Messe, um den Versuch zu machen,etwas runterzuwürgen. Ich stocherte also ziemlich lustlos im Essen rum. Einige Matrosen und der Bestmann waren auch anwesend. Nach einer Weile sagte der Bestmann - wat iss, hast du keinen Hunger ? Ich antwortete ihm, daß ich wegen der Schaukelei nichts runterbekomme. Na dann mußt du eben mal das Schlackerventil aufdrehen. Schlackerventil, was ist denn das sagte ich. Er erklärte mir; im Schiffsrumpf sind Röhren verbaut und wenn du das Schlackerventil aufdrehst, füllen diese sich mit Wasser, das Schiff wird unten schwerer und die Schaukelei ist dann nicht mehr ganz so schlimm. Wenn es einem so schlecht geht wie mir, greift man zu jedem Strohhalmund glaubt alles, zumal wenn es richtig überzeugend rübergebracht wird. Ich fragte, wo ist denn das Schlackerventil? Der Bestmann sagte mir - du weißt doch, wo der Koch seine Kartoffellast hat. Geh zu Koch, lass dir den Schlüssel für die Kartoffellast geben, dann drehst du das Schlackerventil auf und du wirst sehen, es geht dir gleich besser. Ich zum Koch- schönen Gruß vom Bestmann und ich brauche den Schlüssel für die Kartoffellast. Warum denn das fragte der Koch. Ich soll da das Schlackerventil aufdrehen. Ach so, sagte der Koch, na dann und gab mir den Schlüssel. Also auf zur Kartoffellast, um das Ventil zu öffnen. In der Kartoffellast waren zwar Kartoffeln ohne Ende, aber kein Schlackerventil. Ich wieder hoch in die Messe. Und, hast du das Ventil geöffnet? Nee, da waren Kartoffeln, aber kein Schlackerventil. Der Bestmann wurde jetzt richtig laut. Der Koch, dieser verdammte Feldschmied, hat der doch wieder seine verdammten Knollen auf das Ventil geschmissen, mußt du wegräumen. Ich also wieder runter in die Kartoffellast und als ich vor den Knollen stand und gerade anfangen wollte diese wegzuräumen, war der Gang draußen gefüllt mit einigen Lords, die sich alle freuten-nur ich mich nicht. 1. Lehrjahr , ROS 215 " Eisleben " An meine Zeit auf der Eisleben habe ich viele Erinnerungen. Hier ein paar davon: Wir hatten einen Decksmann der nicht die allerhellste Kerze auf auf der Torte war. Zuvor muß man erwähnen, dass Kapitän Volkers immer tagsüber auf der Brücke war und Nachts in seiner Kabine schlief. Vom Charakter her ist er ganz schön cholerisch gewesen. Wir hatten die Schicht von 24 Uhr bis 12 Uhr. Es war beim zweiten Hol, gerade beim losschlagen, da kam dem Bestmann eine Idee. Er holte sich den Decksmann und sagte zu ihm : Pass mal auf. Wir müssen ja nicht alle an Deck sein und können uns im Trockenraum aufhalten, weil das Hieven eine gute halbe Stunde dauert. Alle 50 Meter ist die Kurrleine gemarkt.Du schnappst dir einen Mocker, stellst dich ans Schanzkleid und haust bei jeder Marke mit dem Hammer volle Kraft auf die Bordwand. Das hören wir im Trockenraum, zählen mit und sind dann rechtzeitig an Deck. So geschah es. Wir waren schon voller Erwartung, was nun kommt. Kapitän Volkers hatte einen guten Schlaf - solange auf dem Dampfer alle Geräusche normal waren. Na ja, der Decksmann hat vielleicht zwei mal zugehauen und denMocker gerade wieder zum erneuten Schlag erhoben, als der Alte im Nachtzeug an Deck sprang, den armen Kerl sah, fürchterlich brüllte und ansetzte, ihm in den Hintern zu treten. Das Bild bleibt in Erinnerung -der flüchtende Decksmann,der Alte hinterher und das bei tüchtigem Schneetreiben. Bei einer anderen Geschichte hatte ich die A....karte. Aus einer Laune herauskaufte ich mir in Rostock eine Schiedsrichterpfeife, so ein metallenes Ding. Als wir dann auf einer Reise am Fangplatz waren, hatten wir bei einem Hol einen Hacker. Das heißt, Netz hieven ,Steert entleeren, das kaputte Netz abschlagen und ein neues Netz aussetzen. Dann das kaputte Netz instand setzen. Bei den Reperaturarbeiten ist mir irgendwie die Pfeifeaus den Klamotten gefallen. Der Bestmann sah das und sagte zu mir: zeig mal her, das ist ja ein prima Teil. Pass auf ! Du gehst jetzt mal zum Alten auf die Brücke und sagst zu ihm, wenn der Bestmann auf der der Pfeife pfeift sind das die letzten fünfzig Meter. Ich hoch auf die Brücke und sagte auftragsgemäß zum Kapitän: schönen Gruß vom Bestmann und wenn der pfeift sind das die letzten fünfzig Meter! Der Käpten verfärbte sich augenblicklich knallrot, sprang auf und brüllte mich an; ja bin ich denn ein Hund, nach dem man pfeifen muss ! Dann hatte ich Mühe ganz ganz schnell den Niedergang runterzuflüchten und war wieder der gelackmeierte.